Marco Müller, Ranger in Waldkirchen
Der Tüpfelfarn – Ein Farn will hoch hinaus
„Ein Beitrag über Farne, langweiliger geht es ja gar nicht“, könnte man als durchschnittlich Naturinteressierter meinen. Doch weit gefehlt. Hier wird der Star unter allen Waldkirchner Farnen vorgestellt: der Gewöhnliche Tüpfelfarn.
„Gewöhnlich“ und „Star“? Irgendetwas passt da aber nicht zusammen. Dazu muss man wissen: Botaniker sind meist eher wissenschaftlich pragmatisch und weniger emotional. Vielleicht ist das der Grund für die Namensfindung. Die Namensgeber dachten sich wohl, dass von allen drei in Mitteleuropa vorkommenden Tüpfelfarn-Arten, der Gewöhnliche Tüpfelfarn der am weitesten verbreitete und deshalb der vermeintlich gewöhnlichste ist.
Bis auf ein paar Moose gibt es in unseren Breiten keine Pflanzenart, die als sogenannter Epiphyt auf Bäumen wachsen kann, außer eben dieser Gewöhnliche Tüpfelfarn. Epiphyten sind Pflanzen, die sich auf der Rinde von Bäumen festklammern. Sie durchdingen die Rinde aber nicht und entziehen diesen deshalb auch weder Wasser noch Nährstoffe. Deshalb sind beispielsweise Misteln auch keine Epiphyten, da diese genau das Gegenteil tun und die Leitungsbahnen der Bäume parasitisch anzapfen.
Die Epiphyten vermeiden mit Ihrer „Aufsitzerstrategie“ die Konkurrenz zu anderen Arten am Boden und haben durch die erhöhte Position eine im Unterschied zum dunklen Waldboden bessere Lichtausbeute. Dadurch, dass die kontinuierliche Versorgung mit Wasser und Nährstoffen durch den Erdboden aber fehlt, haben Epiphyten besondere Anpassungen entwickelt.
Fensterbank-Orchidee als „Strategiepartner“
Am besten können wir diese Anpassungsstrategien zuhause auf der Fensterbank studieren. Dort stehen vermutlich aber keine Tüpfelfarne, sondern oft Bromelien und Orchideen. In ihrem natürlichen Lebensraum sind diese Bromelien und Orchideen aber ebenfalls Epiphyten. Deshalb müssen sich bei diesen Arten auch über die Pflanzenerde im Blumentopf keine großen Gedanken gemacht werden. Die Wurzeln der Bromelien und Orchideen sind lediglich zum Festzuklammern und nicht umfallen da. Wasser und Nährstoffe werden bei den Bromelien beispielsweise durch eine zisternenförmige Anordnung der Blätter gesammelt und von sogenannten Saugschuppen aufgenommen. Unsere „Fensterbank-Bromelien und -Orchideen“ sind tropische Pflanzen. Da in tropischen Regenwäldern so gut wie nie Licht auf den Erdboden fällt, bieten die Baumkronen für Pflanzen oft die einzige Nische, um existieren zu können. Deshalb gibt es in den Tropen auch tausende epiphytische Arten. Unter allen Waldkirchner Lebensarten gibt es aber nur die eine.
In der Klamm ist es feucht genug
Der Tüpfelfarn kann aber nicht nur auf Bäumen wachsen – er wächst beispielsweise in Eichenwäldern auch auf dem Boden oder besiedelt Felsen und Steinmauern. Wenn er allerdings auf Bäumen wächst, dann sind große Niederschlagsmengen und eine hohe Luftfeuchtigkeit die Voraussetzung. Im Bayerischen Wald regnet es vergleichsweise viel, doch es gibt auch immer mal wieder Trockenperioden. Deshalb verwundert es nicht, dass sich der Tüpfelfarn in Waldkirchen die Saußbachklamm ausgesucht hat, um epiphytisch zu leben. Denn in der schattigen Klamm verdunstet das Wasser langsamer. Die Luftfeuchtigkeit ist dort höher. Die Farne sitzen auf einzelnen alten Bergahornen, die mit ihrer strukturreichen Rinde neben dem Tüpfelfarn auch vielen Moosen einen Lebensraum bieten.
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Unsere Tippgeber
Andreas Gründinger
Als gebürtiger und somit waschechter Waldkirchner kennt er sein Waldkirchen natürlich perfekt. Früher beruflich in der ganzen Welt zuhause, weiß er worauf es ankommt und hat natürlich immer den ein oder anderen Insider – Tipp parat, egal ob Familie, Kulinarik, Shopping oder Natur!
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